The Rifles – Great Escape

Was tun, wenn man für den großen Hype zu spät kommt? Weder der Garage-Rock-Wahn, noch das große „The“-Rennen hat The Rifles, vier junge Hüpfer aus London, betroffen. Stattdessen haben sie unverschämt gute Songs geschrieben und eine Auswahl auf ihrem zu Recht abgefeierten Debütalbum „No Love Lost“ präsentiert. Auch ohne Airplay und gute Chartpositionen durfte man in der Brixton Academy spielen. Modfather Paul Weller liebt die Jungs. Für die neue Platte „Great Escape“ wollen die Briten weg vom klassischen Dreiminuten-Radioformat und schlicht und ergreifend den Song an sich in den Mittelpunkt rücken.

Große Töne, ein ambitioniertes Vorhaben – diese Ankündigung ist ungefähr so alt wie das Rad, lief aber selten so rund. „Sometimes“ schwebt über dem Album wie „Take Me Out“ über „Franz Ferdinand“. Sympathischer Garage Rock mit Pop-Schlagseite, dazu Cribs-Chants und geradlinigem Marsch in Richtung melodischer Explosion, ein wahres Powerhouse. „The Great Escape“ nimmt hingegen das Tempo heraus und erinnert etappenweise an die Strokes. Dabei ist Joel Stokers leicht egaler, dennoch prägnanter Gesang das wahre i-Tüpfelchen. Besonders im fluffigen „Winter Calls“ schwebt er gekonnt über dem Arrangement, macht den Bop-Popper zu einem verspielten Kuschelkurs.

Auf „Out In The Past“ kommt der epische Charakter des Albums durch. Die Dreiminuten-Grenze ist längst gefallen, dafür kann sich jede Melodie voll und ganz entfalten, wird von donnernden Drums durch das Ziel getragen. „Great Escape“ ist eine höchst abwechslungsreiche Platte. Zwar liegen zwischen dem Dancefloor-Hit „Science In Violence“ und dem finalen Aufgalopp „For The Meantime“ mit kongenialer Mogwai-Explosion ca. 35 Minuten, doch in dieser kurzen Zeit wird die komplette Britrock-Szene der letzten beiden Jahrzehnten im Rekordtempo durchgeschleust, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt abgehalftert oder gezwungen zu klingen. The Rifles bieten großen Rock mit Indie-Attitüde, Pop-Flair und dem Hang zu ausufernden Klangmeeren. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben offensichtlich nicht immer.

VÖ: 30.01.2009
ADA Global (Rough Trade Distribution)
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