Kelly Clarkson – All I Ever Wanted
Kelly Clarkson hat sich erfolgreich zurück gemeldet. Mit ihrer aktuellen Single „My Life Would Suck Without You“ gelang erstmals seit 2005 der Sprung in die deutschen Top 10. Das schürt Erwartungen für „All I Ever Wanted“, dem mittlerweile vierten Studioalbum der American Idol Gewinnerin, denn immerhin gilt es den Misserfolg des Vorgängers wett zu machen. Ein Großteil der Songs wurde dabei vom allzeit gegenwärtigen Ryan Tedder und dem Alternative-Producer Howard Benson produziert.
Lautstarke Instrumente, kraftvolle Vocals und energische Rock/Pop Arrangements zeichnen Clarksons neuen Longplayer aus. Die zu Beginn ihrer Karriere noch stark an balladeske Pop-Songs gebundene Sängerin, geht ihren, deutlich stärker auf Rock eingeschlagenen, Weg somit weiter. „I Do Not Hook Up“, seines Zeichen auch zweite Singleauskopplung, setzt voll auf seinen energiegeladenen Refrain, während die Strophen doch eher unbemerkt vorbeiziehen. Der Hitfaktor bleibt insgesamt recht gering, ein Schicksal, das eine Vielzahl des neuen Materials trifft. So sind „If I Can’t Have You“, „Ready“ und das immerhin halbwegs eingängige „Don’t Let Me Stop You“ durchaus nett anzuhören, verpassen es aber eigene Akzente zu setzen und klingen somit ebenso gewöhnlich wie austauschbar.
Etwas mehr zu begeistern wissen „All I Ever Wanted“ und „Long Shot“. Während „All I Ever Wanted“ den Hörer mit dem Schwung seines Refrains mitreißen kann, besitzt „Long Shot“ eine interessante Songstruktur und starke Stophen, wodurch er einer der wenigen Songs ist, die nicht all zu sehr vom Refrain abhängig sind. Dass der Song ursprünglich für Katy Perry gedacht war, überrascht da wenig, doch Kelly Clarkson kann ihm, mit ihrer ohnehin durchweg guten Gesangsperformance, ihren eigenen Stempel aufdrücken.
Bei „Whyyawannabringmedown“ ist der Name Programm. Die wohl rockigste Nummer des Albums ist überraschenderweise keine Howard Benson Produktion; verantwortlich zeigt sich das Produzenten-Duo Louis Biancaniello & Sam Watters. Die Nummer ist wohl eher als Experiment mit erhöhtem Funfaktor gedacht. Auf dem deutschen Markt würde Kelly Clarkson mit „Whyyawannabringmedown“ sang und klanglos untergehen, als musikalische Untermalung für aufkommende Zerstörungswut eignet sich der Song jedoch hervorragend. Die Midtemponummer „Impossible“ zählt zu den anspruchsvollsten Songs des Albums. Hier funkt es erst nach mehrmaligem Hören, doch die Ryan Tedder Produktion besitzt nachhaltigen Charakter und funktioniert dadurch recht gut. Die Instrumentierung hält sich zurück, Clarkson kann den starken Charakter des Songs ganz allein durch ihre gesangliche Leistung hervorheben. Als gelungenes Gegenstück zum komplexen „Impossible“ zeigt sich „I Want You“. Herrlich erfrischend hebt sich der Bubblegum-Pop-Song von der teils schweren Kost einiger anderer Tracks ab. Verspielte Instrumente, fröhliches Ambiente und gelungene Vocal-Spielchen sorgen für dankbare Abwechslung. Für sich gesehen vielleicht kein großer Wurf, dem Longplayer hätte mehr Abwechslung diese Art aber sicherlich gut getan.
Natürlich dürfen auf einem Kelly Clarkson Album die Balladen nicht fehlen. Insgesamt vier langsame Songs lassen sich ausfindig machen, von denen das stark instrumentierte und energievolle „Cry“ den Anfang macht. Die von Treuebruch handelnde Nummer ist laut eigener Aussage der persönlichste Song Clarksons auf „All I Ever Wanted“. Da verwundert es wenig, mit welcher Leidenschaft die American Idol Gewinnerin hier zu Werke geht. Der Song lebt von ihrer Performance und wirkt authentisch, kann aber eine gewissen Anstrengung beim zuhören nicht vermeiden. Ähnlich verhält es sich bei „Save You“, einem ehemaligen Demo der Band „Gone ‚Til November“ um Frontfrau Aimèe Proal, die den Song gemeinsam mit Ryan Tedder geschrieben hat. „Save You“ transportiert zu wenig Emotionen und schafft es leider nicht, den Hörer in seinen Bann zu ziehen. Dies wiederum gelingt „Already Gone“ und „If No One Will Listen“. „Already Gone“, das phasenweise an Beyoncés „Halo“ erinnert, kommt mit einem musikalisch recht düsteren Grundgerüst daher, dass die Emotionen in Clarksons Performance gelungen untermalt. Hier lässt sich eine potenzielle dritte Singleauskopplung festmachen, da der Song für sich gesehen genug Potenzial mitbringt, um auf sich aufmerksam zu machen. „If No One Will Listen“ ist die wohl klassischste Ballade auf „All I Ever Wanted“. Die zart instrumentierte Ballade ist ein Cover von Keri Noble und wurde bereits 2004 auf dem Album „Fearless“ veröffentlicht. Die große Wirkung von „If No One Will Listen“ geht vor allem von den Lyrics aus, die direkt unter die Haut gehen. Das sehr ruhige Ambiente des Songs bietet einen gelungen Ausklang des Albums, dass zwischendurch gerne etwas mehr mit solch einfachen, aber wirkungsvollen Tracks hätte überraschen dürfen.
„All I Ever Wanted“ zeigt sich insgesamt als ein Album, dass wohl eher auf den US-Amerikanischen Markt zugeschnitten ist und von der dortigen, viel größeren, Popularität seiner Protagonistin lebt. Eine Vielzahl der überwiegend vorhandenen Rock/Pop Songs bringen für sich gesehen einen viel zu geringen Hitfaktor mit. „All I Ever Wanted“ lässt vor allem an Abwechslung vermissen. Das oftmals zu ähnliche Konzept einzelner Songs, lässt diese austauschbar und zu kurzweilig klingen. Zwar gelingt es Kelly Clarkson mit ihrer stimmlichen Leistung einige Schwächen der Songs wett zu machen, dennoch reicht das Potenzial oftmals nicht aus, um wirklich zu überzeugen oder einen nötigen Aha-Effekt auszulösen. So braucht es einige Hördurchgänge um überhaupt Zugang zu den einzelnen Songs zu finden. Ist dies gelungen, zeigt sich „All I Ever Wanted“ als ein sehr anspruchsvolles, aber leider oftmals auch zu anstrengendes Album, welches verpasst, mit einfachen Mitteln für mehr Aufmerksamkeit zu sorgen.
06.03.2009
RCA International (Sony BMG)
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