Jeanette – Undress To The Beat

(c) Universal Music

Gewagt, getan, gescheitert? Mit ihrem letzten Studioalbum „Naked Truth“ sollte es sich für Jeanette Biedermann ausgeschnuckelt haben. Alte Zöpfe wurden abgeschnitten: Die ehemalige „deutsche Britney Spears“ avancierte endgültig zur wilden Rockröhre. Dabei wurde ihre Wandlung nicht nur optisch deutlich – auch hinter den Kulissen entschied man sich für radikale Veränderungen: Zusammen mit Jörg Weisselberg, dem Gitarristen ihrer Band, schrieb die schauspielernde Sängerin nahezu alle Songs aus „Naked Truth“ selbst. Gewiss eine künstlerische Weiterentwicklung, wenn auch aus kommerzieller Sicht mit eher mauen Erfolg. Immerhin überzeugte sie die treueren Fans auf ihrer ausverkauften Clubtour durch Deutschland. Danach wurde es allerdings verhältnismäßig ruhig um die Berlinerin.

In der Zeit lag Jeanettes Fokus wohl auf dem Schauspiel: Egal, in welche Rollen die heute 27jährige dabei schlüpfte – sei es als mörderische Nazi-Braut im Tatort oder als arogante Märchenprinzessin – eine Top-Quote war ihr sicher. Wenig überraschend kam also das Angebot für die Hauptrolle in der großen Sat1-Telenovela „Anna und die Liebe“, in welcher sie seit letztem Spätsommer als schüchternstes Mädchen der Welt um die große Liebe und um so viel mehr kämpft. Die Rolle der Anna Polauke verkörpert sie dabei wahrlich zum verlieben und auch als Musikkünstlerin präsentiert sie sich für die anbrechende „Undress To The Beat“-Ära in einer weiteren Facette: als selbstbewusste Lady der Clubs. Und sie hat ihren Schnuckel-Appeal nicht verloren:

Nichts wäre für die Popwelt langweiliger gewesen, als ein abermals rockiger Longplayer. Die neue Musik soll um einiges ausgelassener, partytauglicher und tanzbarer werden. Lange genug hat sich die Berlinerin dafür ja Zeit gelassen. Wenn man bedenkt, dass zu ihrer letzten Veröffentlichung 2006 Pop-Super-Stars wie Monrose oder Mark Medlock noch keinem ein Begriff gewesen sind, dass die No Angels noch nicht Reunion gefeiert hatten sowie Sarah Connor überglücklig verheiratet gewesen sein muss…, dann ist das in der schnelllebigen Musikszene durchaus ein beachtlicher Zeitraum.

Daher ist es wohl weniger verwunderlich, dass der erste Vorbote „Undress To The Beat“ aus dem gleichnamigen siebten Album recht wenig von der Rockröhre präsentiert: Viel mehr scheint es Jeanette auf die Clubs abgesehen zu haben. Früh siganalisierte sich bereits hier ein Erfolg: Diverse Remixe des Liedes – u. a. von Eddi Thoneick – rotieren schon seit Wochen fleißig unter den europäischen DJs. Produziert wurde dabei beispielsweise von Johan Bobäck, der bereits für Cyndi Laupers Geheimtippalbum „Bring Ya To The Brink“ tätig war, welches als beste Dance-LP für den Grammy nominiert worden ist. Dass dabei ebenso bei der Berlinerin auf elektronische Elemente kaum verzichtet werden kann, versteht sich von selbst.

Dabei schlummern sowohl im Refrain als auch in den Strophen sehr hohes Ohrwurmpotential, obgleich beim ersten Hördurchgang das Lied etwas glatt wirkt. Unschlagbar ist der positive Mitsumm-Anteil aus „Undress To The Beat“, in welchen das laszive „dancing slowlyyy / Slowly danciiiing“ mit dem bewährten „Nananana“ abgewechselt wird: Bewegt muss sich zur Musik einfach werden: Die simple Text, der von einer verführerischen Begegnung in einem Club erzählt, erinnert wie auch der neue dancige Sound etwas an Kylie Minogue. Besonders, wenn uns Jeanette anbietet, unser neues „Dream Fantasy Girl“ bzw. unsere „Princess“ zu werden. Gesanglich kann sich das Multitalent gewiss in anderen Stücken besser behaupten. Ihre vielen Live-Auftritte sind eigentlich Beweis genug dafür.

Man muss sagen: Die Beats tun dem auferstandenem Schnuckelchen jedenfalls an sich gut. Viele, die mit dem gitarrenlastigen „Naked Truth“ nichts anfangen konnten, dürften nun also genauer hinhören. Wer hätte gedacht, dass Jeanettes musikalische Rückkehr nochmal für Furore in der Popwelt sorgt? Ob ihr neuer Sound akzeptiert wird, sollte sich dann mit der Albumveröffentlichung im März herausstellen.

„Undress To The Beat“ geht ins Ohr, lockt in die Clubs, riecht nach Hit und ist einfach schnuckelig. Wenn Wandlungsfähigkeit Teil der Definition von Pop ist, so hat Lady Jeanette Biedermann ihr Metier verstanden.

3,5/5
VÖ: 27.02.2009
We Love Music (Universal Music)
Jeanette @ Myspace | @ Amazon