Britney Spears – Circus

Britney Spears ist zurück in der Spur. Nach diversen Skandalen und privaten Problemen, sowie dem „Blackout“-Album, das sich angesichts der gegebenen Umstände wenig überraschend zum Flop entwickelte, soll nun mit dem sechsten Studioalbum „Circus“ eine neue Ära und das eigentliche Comeback eingeläutet werden. Mit altbekannten Produzenten wie Max Martin („Baby One More Time“), Guy Sigsworth („Everytime“) und Danja („Break The Ice“), sowie neuen Kreativköpfen (Dr. Luke, The Outsyders) ist ein rund 45minütiges Dance-Pop-Album unter dem Motto der bunten Zirkuswelt entstanden.

Vor allem die erste Hälfte des neuen Albums kann überzeugen. Neben der Leadsingle „Womanizer“, Spears‘ erstem US-#1-Song seit ihrem Debüt 1998, bieten die ersten Minuten des Albums einen gelungen Mix aus Club-Tracks, Pop-Songs und einer emotionalen Ballade. Das für die zweite Singleauskopplung ausgewählte „Circus“ überzeugt mit einem wuchtigen Mix aus elektronischen Effekten und RnB-Sounds, in dessen Arrangement vor allem der Chorus für Aufruhr sorgt. Neben dem Dance-Interlude sind es vor allem die häufig eingebauten kleineren Pausen, die dafür sorgen, dass der nachfolgende Part umso überzeugender zurückschlägt. Mit ähnlichem Spektakel erklingt auch „Kill The Lights“ – ein Song, der unschwer erkennen lässt, dass hier mit Danja ein enger Timbaland-Verbündeter hinter dem Mischpult saß. „Kill The Lights“ ist ein tanzbarer Club-Abräumer, der den Songs des „Blackout“-Albums recht nah kommt. Spears‘ Stimme wurde vocodertechnisch zurechtgebastelt, was dem elektronischen Klang des Songs jedoch zu gute kommt.

Auf „Circus“ findet Britney Spears ebenfalls zu den Balladen zurück. Insgesamt vier langsamere Songs bietet der Longplayer, von denen die beiden waschechten Balladen „“Out From Under“ und „My Baby“ aus der Feder von Guy Sigsworth stammen, der sich im der Vergangenheit mit „Everytime“ und „Someday“ bereits für zwei sehr erfolgreiche Spears-Songs verantwortlich zeigte. Die deutlich bessere Sigsworth-Produktion lässt sich erneut in der ersten Hälfte des Albums finden. „Out From Under“ ist eine wunderschön traurige Pop-Ballade, die im positiven Sinne nach der Britney Spears von vor ein paar Jahren klingt. Die Melancholie des Songs spiegelt sich vor allem in dem eingängigen Chorus wieder, den Britney Spears mit verträumter Stimme überzeugend performt. Weniger gelungen ist hingegen das zwanghaft auf „Everytime“ produzierte „My Baby“ Hier fehlt es an fast allem, was „Everytime“ zu einem der erfolgreichsten Spears-Song überhaupt machte. „My Baby“ besitzt einen wenig berührenden Refrain, der zudem eintönig und gelangweilt klingt. Der Track fristet ein eher unbemerktes Dasein und ist daher insgesamt verzichtbar. Die beiden anderen langsameren Songs „Unusual You“ und „Blur“ sind harmlose Midtempo-Balladen mit Popgeträller und unauffälligen Melodien. Beide Songs gehen zwar als Alben-Tracks in Ordnung, bieten aber auch die Gelegenheit zur Betätigung der Skip-Taste.

Doch zurück zu den Highlights des Albums, denn mit „Shattered Glass“ und „If U Seek Amy“ runden zwei weitere gelungene Songs die starke erste „Circus“-Hälfte ab. „Shattered Glass“ ist ein Uptempo-Song mit tanzbaren Beat und eingängigen Strophen. Der Chorus ist hingegen sehr poppig ausgefallen und steht somit den Strophen konträr gegenüber. Diese Mischung mag zunächst etwas ungewöhnlich klingen, doch nach ein paar Durchläufen entwickelt sich „Shattered Glass“ zum echten Anspieltipp. Bei „If U Seek Amy“ reicht hingegen gleich das erste Hören um den Song positiv in Erinnerung zu behalten.  Die freche Robo-Pop-Nummer überzeugt mit gekonnten Wortwitz, furiosen Drumklängen, einer verspielten „Lalala“-Melodie und einem rasanten Refrain. Gleichzeitig schafft es der Max-Martin-Song erstmals dem Thema „Circus“ gerecht zu werden; fragt man sich bei den meisten Songs des Albums doch vergebens, was sie mit dem bunten Treiben eines Zirkus gemeinsam haben.

Einzig „Mmm Papi“ kann es „If U Seek Amy“ gleich machen und spannt mit seinem fast schon kitschigen Retro-Sound einen Bogen zum Motto des Albums. Die bunte Popnummer widmet Britney Spears ihrem Vater, der maßgeblich daran beteiligt ist, dass sie einen Ausweg aus ihrer privaten Krise gefunden hat. „Mmm Papi“ klingt zwar nach zu viel von allem, bringt jedoch  angenehme Abwechslung und einen großen Spassfaktor mit sich. Britney jedenfalls quietscht vor Freude.

„Mannequin“ und „Lack And Leather“ stehen schlussendlich noch aus. Die beiden Nummern spiegeln die beiden Seiten des Albums ganz gut wieder, denn während „Mannequin“ ein Vertreter des elektronischen Dance-Pop ist, ist  „Lack And Leather“ ein Pop-Song durch und durch. „Mannequin“ schafft es nicht ganz an „Womanizer“, „Circus“ oder „Kill The Lights“ heran, ist aber insgesamt doch gelungen, obwohl er auch nach mehrmaligem Hören nicht ganz zündet. Ähnlich ergeht es „Lack And Leather“, dass ein eher bedeutungsloser Alben-Füller ist. Der 80s-Retro-Sound ist zwar recht charmant, aber insgesamt kein großer Wurf.

Das Gesamturteil für „Circus“ fällt insgesamt positiv aus. Vor allem die erste Hälfte des Albums ist durchweg stark ausgefallen und wirkliche Totalausfälle gibt es auch im weiteren Verlauf des Longplayers nicht. Das als Bonus-Track mit „Radar“ jedoch ein Song vom „Blackout“-Album ausgewählt wurde, zeigt auch, dass mit dem Vorgängeralbum noch vorhandenes Potenzial vergeudet wurde. Das wohl beste Britney-Spears-Album wäre somit sicherlich ein Mischung aus „Blackout“ und „Circus“ geworden. Nichtsdestotrotz hat Britney Spears mit „Circus“ zu Recht in die Erfolgsspur zurück gefunden. Bleibt es bei der positiven Entwicklung, wird sie uns in den Charts wohl noch lange erhalten bleiben.

VÖ: 28.11.2008
Zomba Records (Sony BMG)
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Circus