Anna Ternheim – Leaving On A Mayday

Die Feder der Anna. Anna Ternheim. Die schwedische Singer/Songwriterin ist ein kleines Mysterium. Seit 2004 fasziniert sie mit ihren meist düsternen sowie melancholischen Pop-Perlen – mit wachsender Fangemeinde: 2008 erschienen ihre ersten beiden Alben „Somebody Outside“ und „Separation Road“ als Kombi-LP sogar in den USA. Dort ging es unter anderem mit dem Folk-Sänger Joseph Arthur auf Tour und die Künstlerin lernte einige der Musiker kennen, die ihr drittes Album live einspielten: „Leaving On A Mayday“.

Die 30jährige sagt über ihre Musik selbst: „Das letzte Album war für mich wie ein schwarzer, funkelnder, schwerer Stein. ‚Leaving On A Mayday‘ ist dagegen wie eine unreine, weiße Feder – und doch schmucklos nüchtern.“

Anna Ternheim charakterisiert ihre Musik bildhaft und schonungslos. Wer nun ein zweites „Separation Road“ erwartet hat, der wird nicht unbedingt enttäuscht, aber doch überrascht. Annas Musik entfernt sich ein bisschen von dem Image der früheren Klänge. Wie ein dunkelblauer Faden zieht sich die Herbe durch die zehn Songs des Albums. Während die erste Download-Auskopplung „What Have I Done“ noch rhythmisch zum Fußwippen einlädt und eher vertaut daherkommt, klingen „Damaged Ones“ und „Terrified“ um einiges unnahbarer und durch die Instrumentierung roher. Annas Gesang, mit dem leichten, ansprechenden schwedischen Akzent, sowie ihre Texte laden nach wie vor zum dahinwegträumen ein. Allerdings in ihrem melancholischen Charakter und auf „Leaving On A Mayday“ in wohl tiefgründigerer Weise.

„Let It Rain“ gibt sich etwas weniger intim, teilweise lassen sich hymnenhafte Ansätze erkennen. Mit den Mitteln ihrer kargen instrumentalen Begleitung entsteht ein anziehendes und gelungenes verstecktes Experiment. Eher träumerisch ist dann „My Heart Still Beats For You“, ein langsames Stück mit den charaktistischen Trommelklängen im Hintergrund und der Akustik-Anna-Gitarre. Mit „I Don’t Remember“ ist es an der Zeit etwas mehr Schwung in den Longplayer zu bringen. „Remind me of how i used to feel / remind me of who I used to be / back wehen noting could came between us / back when that thought would never leave us“. In rhythmischer Träge besingt die Schwedin die verlorengegangene Erinnerung. „Summer Rain“ vermag den Hörer gleich beim ersten Durchlauf zu erdrücken. Eigentlich aber nur die ruhigste und besinnslichste Still-Ballade des Albums.

Produziert wurde wieder kräftig von Björn Yttling, der schon bei den ersten Alben am Werk war oder momentan mit Lykke Li arbeitet, welche momentan mit ihrem alternativen Sound in der Pop/Elektro-Szene für Furore sorgt. Weiter geht es mit dem achten Song „Losing You“ – der verhältnismäßig schnellsten Nummer aus „Leaving On A Mayday“. Abermals gelingt es Anna den Zuhörer in ihren Bann zu ziehen: „What can I do / I am losing you“. Sich in Gedanken zu verlieren – dazu regt die Musik nun definitiv an. Weniger eingängig, dafür sehr folkig entpuppt sich später „Off The Road“. Den Abschluss bildet dann „Black Sunday Afternoon“. Der Titel spricht für sich. Ein schwermütiges Finale eines bemerkenswerten, aber auch merkwürdigen Albums.

„Nothing really moves“ trifft also nicht für die musikalische Entwicklung der Anna Ternheim zu. Obwohl sie direkt nach der Tour zum Zweitling mit der Vorbereiting zur dritten LP begann, hat sich die Singer/Songwriterin um ein gutes Stück Genre-intern entfernt. Ihr Stil ist komplexer geworden und wenn man sich den Vergleich mit dem Stein und der Feder in Erinnerung ruft, so könnte man höchstens anfügen, dass es auch eine Feder stets nach unten zieht. Nur der Fall hat etwas Ästhetischeres als bei einem Stein. Dessen Fall ist klar. Wo genau aber landet Annas Feder?

VÖ: 09.12.2009
Universal Records (Import bzw. DL)
Anna Ternheim @ Myspace | @ Amazon | @ Musicload

What Have I Done (Acoustic)