Cradle Of Filth – Godspeed On The Devil’s Thunder

Nach „Nymphetamine“ und „Thornography“ war Umdenken gefragt. Cradle Of Filth hatten sich dem Mainstream voll und ganz hingegeben, den Biss früherer Tage vermissen lassen. All das ist nun anders mit dem neuen Album „Godspeed On The Devil’s Thunder“, das die Rückkehr zu mehr Härte und Aggression markiert, gleichzeitig auch nicht auf neuere Erkenntnisse verzichten will.

Kaum ist das cineastische Intro durch, bekommt man einen Vorgeschmack dessen, was Paul Allender fast im Alleingang gezaubert hat. „Shat Out Of Hell“ ist eine Hochgeschwindigkeits-Wutprobe, die vor allem von einem wild gewordenen Drummer lebt. Neuverpflichtung Martin Skaroupka haucht den Briten Leben ein, rührt die Kesseln wie kein Zweiter. Vor allem in „Sweetest Malificia“ und der vorab veröffentlichten Abfahrt „Tragic Kingdom“ kann er sich blendend in Szene setzen, während Kollege Dani Filth wie gewohnt grummelt, grunzt, keift, schreit, fleht. Unterstützt wird er dieses Mal kaum, namhafte Gaststars bleiben außen vor. Sarah Jezebel Deva kümmert sich um ausgewählte Harmonien, die zauberhafte Dame im singletauglichen „The Death Of Love“ gehört einer namentlich ungenannten Chordame.

Während sich Allender und Konsorten instrumental austoben dürfen – die symphonischen Arrangements stammen größtenteils aus der Feder des ehemaligen Cradle-Keyboarders Mark Newby-Robson – hat sich Dani Filth zu einem Konzeptalbum über Gilles De Rais hinreißen lassen. Als Waffenbruder Johanna von Orleans‘ ist er an ihrem Tod verzweifelt, hat sich der Alchemie zugewandt und ging schließlich als grausamer Massenmörder in die Geschichte ein. Ohne textlich allzu explizit zu werden, erschafft Filth eine passend gruselige Atmosphäre, sorgt für schlotternde Knie und knatternde Zähne. Ihm zur Seite steht Doug Bradley aus der „Hellraiser“-Filmreihe, der u.a in „The 13th Caesar“ großartige Arbeit leistet wie auch Danis neunjährige Tochter Luna – Cradle Of Filth, der Familienbetrieb.

Warum ausgerechnet „Honey And Sulphur“ als erste Single ausgekoppelt wird, bleibt unklar. Der Song ist keineswegs schlecht, geht aber zwischen zuvor erwähnten Krachern unter. Die wirklichen Highlights finden sich sowieso unmittelbar danach, wenn es mit „Midnight Shadows Crawl To Darken Counsel With Life“ und „Darkness Incarnate“ gleich zwei Mal an die Neun-Minuten-Marke geht. Wie zwei tödliche Zwillinge zermalmt die doppelköpfige BM-Hydra alles, was sich ihr in den Weg stellt. Symphonische Verschnaufpausen treffen auf rasante Attacken, Zitate bis zurück zu den Anfangstaten sind wahrnehmbar.

Cradle Of Filth haben also die Klassik wieder für sich entdeckt. „Godspeed On The Devil’s Thunder“ erinnert etappenweise an die großen Alben wie „Midian“ und „Dusk… And Her Embrace“. Selten waren die Briten so rasant, so hasserfüllt, so wütend, so druckvoll. Gleichzeitig haben sie nicht vergessen Hits zu schreiben, fesseln außerdem mit einem aufregenden Konzept. Vielleicht handelt es sich hierbei um eines ihrer besten Alben, dafür ist es freilich noch ein wenig früh. Herausfordernder waren sie auf jeden Fall kaum.

VÖ: 24.10.2008
Roadrunner Records (Warner Music)
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